EINDRÜCKE VON DER
DEPORTATION DER ORTENAUER UND OFFENBURGER JUDEN IN DAS INTERNIERUNGSLAGER
GURS (SÜDFRANKREICH), OKTOBER 1940
"Der Vorgang selbst
wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen", stand im Abschlußbericht
an den Leiter des Sicherheitsdienstes, Heydrich. Die Deportation
vom 22. Oktober 1940 hatte sämtliche noch in Baden und der Pfalz
lebende Juden betroffen, darunter auch die Juden der Ortenau. Sie
wurden morgens abgeholt, zusam-mengetrieben in verschiedenen Lagern
oder Hallen (in Offenburg war es die Turnhalle der Oberrealschule,
heute Schillerschule), und danach mit Lastwagen zu den Bahnhöfen
gebracht. Dort standen die Sonderzüge bereit, die sie in das Internierungslager
Gurs in Südfrankreich transportierten.
Allerdings: ganz unbemerkt war dieses Verbrechen
nicht geblieben. Der Amateurphotograph
Wilhelm Fischer aus Dörlinbach im Schuttertal war damals zufällig
in Kippenheim unterwegs und wurde Zeuge der Zwangsdeportation. Heimlich
fotografierte er den Abtransport. Erschütternde Dokumente der Zeitgeschichte.
Einer, der damals mit abtransportiert wurde,
war Kurt S. Maier, der sich Jahrzehnte später daran erinnerte: "...ich
bin selbst darauf (Abb.5) abgebildet. Nach 55 Jahren kommen mir
diese Photographien wie ein Traum vor. Ich möchte dabei einige Sachen
aufklären. Die Personen auf dem Bild der Familie Maier sind von
rechts nach links mein Vater Siegfried Maier, Kurt Maier (10 Jahre
alt), mein Großvater Hermann Auerbacher (er konnte kein Gepäck tragen,
denn er litt an einem Schlaganfall) und seine Frau, meine Großmutter
Sofie Auerbacher. Meine Mutter Charlotte Maier und mein Bruder Heinz
sind nicht auf dem Bild. Als es meinen Eltern befohlen wurde, sich
in wenigen Stunden reisebereit zu machen, haben sie ein Taxi nach
Freiburg geschickt, um meinen Bruder und mich abzuholen. Wir besuchten
damals die jüdische Schule in Freiburg, denn nach der Kristallnacht
wurden wir von der Volksschule in Kippenheim ausgewiesen. Ich kann
mich nicht mehr an die Soldaten auf dem Bild erinnern. In meinem
Gedächtnis ist nur das Bild auf dem Bahnsteig in Offenburg, wo wir
auf einen Zug nach Frankreich umgeladen wurden. Ich habe aber noch
die SS- und Wehrmachtsoffiziere auf dem Zug in Erinnerung. Ein Offizier
sagte meinem Vater: "Nehmen Sie Ihre Frontkämpferabzeichen ab. Es
nützt Ihnen nichts!"
siehe: Ruch, Martin: Bilder und Eindrücke
von der Deportation der Ortenauer Juden, Oktober 1940, In: Die Ortenau
80 (2000).
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